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Künstliche Intelligenz (KI)

Segen oder Fluch?

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Der Versuch einer Annäherung an ein komplexes, kontroverses Thema ...

Roboter und intelligente Software übernehmen immer mehr Aufgaben, die früher den Menschen vorbehalten waren - das ist in vielen Lebensbereichen eine Entwicklung, an die wir uns gewöhnt haben bzw. nachweislich davon profitieren. Seit einiger Zeit aber ist eine teilweise sehr heftige, kontroverse Diskussion darüber ausgebrochen, ob die neuesten Entwicklungen auf diesem Gebiet noch Segen sind, oder doch schon Fluch – oder eben beides? Doch was bedeutet Künstliche Intelligenz (KI), bzw. Artificial Intelligence (AI), eigentlich genau und wo wird sie (bereits) angewendet?

Definition Künstliche Intelligenz

Müssen wir uns, wenn wir KI definieren wollen, an Science-Fiction-Filmen orientieren, in denen Künstliche Intelligenz durch Maschinen verkörpert wird, die irgendwann sogar über die Intelligenz ihrer Schöpfer hinauswachsen und diese am Ende unterdrücken und beherrschen? Nein, zum Glück sind dies (bisher) nur cineastische Fantasien! Es gibt allerdings auch keine einheitliche Definition, da der Begriff „Künstliche Intelligenz“ sehr kontextbezogen ist. Hier eine recht allgemein formulierte Deutung von KI, die den Kern aber genau trifft:

„Künstliche Intelligenz beschreibt die Fähigkeit von Maschinen, basierend auf Algorithmen, Aufgaben autonom auszuführen und dabei anpassungsfähig auf unbekannte Situationen zu reagieren. Ihr Verhalten ähnelt damit dem menschlichen: Sie führen nicht nur sich wiederholende Aufgaben aus, sondern lernen aus Erfolg und Misserfolg und passen ihr Verhalten entsprechend an. Zukünftig sollen Künstliche-Intelligenz-Maschinen (KIM) auch in der Lage sein, selbstständig wie Menschen zu denken und zu kommunizieren.“

Schwache und starke KI

KI ist nicht gleich KI. Forschung und Wissenschaft unterscheiden grundsätzlich zwei verschiedene Arten: Die schwache und die starke Künstliche Intelligenz.

Schwache KI

Diese erste Form der KI reicht in abgegrenzten Teilbereichen schon heute an die menschliche Intelligenz heran. Dabei beschränken sich die intelligenten Systeme allerdings auf konkrete Anwendungsbereiche. So kann eine KI beispielsweise schon heute perfekte Texte verfassen, aber ansonsten weder kommunizieren, noch Kreuzworträtsel lösen oder sonst irgendetwas. Die KI bedient sich dabei an mathematischen Methoden und der Informatik, die speziell für die jeweilige Anforderung entwickelt worden sind.

Schwache KI-Systeme sind nicht in der Lage, ein tieferes Verständnis für die ihnen zugewiesenen Problemlösungen zu erlangen. Sie bleiben also auf einem oberflächlichen Intelligenz-Level stehen. Schwache KI-Systeme sind Ihnen im Alltag sicher schon oft begegnet. Sie verbergen sich z.B. hinter Zeichen- bzw. Texterkennungsprogrammen, Navigationssystemen, Spracherkennung und individuellen Anzeigen bei Werbung.

Starke KI

Diese Art der KI wird auch Superintelligenz genannt; diese Systeme sollen menschliche intellektuelle Fähigkeiten erreichen und diese sogar übertreffen. Sie sollen demnach aus eigenem Antrieb, intelligent und flexibel handeln und nicht mehr nur auf die Lösung eines konkreten Problems beschränkt sein.

Bisher ist es aber noch nicht gelungen, eine stabile, starke Künstliche Intelligenz zu entwickeln. Auch die Diskussion, ob das überhaupt möglich ist, hält weiter an. Allerdings hätte sich vor 100 Jahren auch niemand das Internet vorstellen können, oder? Wenn es in Zukunft tatsächlich gelingt, eine starke KI zu entwickeln, würde sie folgende Eigenschaften aufweisen: Logisches Denkvermögen, Entscheidungsfähigkeit trotz möglicher Unsicherheit, Planungs- und Lernfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit in natürlicher Sprache und die Kombination aller Fähigkeiten, um ein übergeordnetes Ziel zu erreichen.

Vier KI-Typen

Neben der Einteilung in schwache und starke KI lässt sich Künstliche Intelligenz weiter noch in vier verschiedene Typen unterteilen.

Typ 1: Reaktive Maschinen

Typ 1 ist sozusagen der Ur-Typ schwacher KI. Reaktive Maschinen können eine einzige Aufgabe, für die sie programmiert wurden, erfüllen. Der IBM Schachcomputer DeepBlue war zum Beispiel eine solche Maschine. Sie gewann 1997 gegen den damals amtierenden Schach-Weltmeister; DeepBlue war in der Lage, alle möglichen Züge abzuwägen und wählte so immer den Zug aus, der am schnellsten zu einem Schachmatt führte –  natürlich zu seinen Gunsten. Auf seinem Gebiet war DeepBlue zwar unschlagbar, in sämtlichen anderen Lebensbereichen aber völlig nutzlos!

Typ 2: Begrenzte Speicherkapazität (Limited Memory)

Im Gegensatz zu Reaktiven Machinen ist Typ 2 KI in der Lage, gesammelte Daten vergangener Situationen auf das aktuelle Geschehen anzuwenden und in ihre Entscheidungen einzubeziehen. Selbstfahrende Autos fallen beispielsweise unter KI des Typ 2. Sie „wissen“, wie sich andere Autos im Straßenverkehr normalerweise verhalten, wie Menschen oder Radfahrer aussehen und sie kennen die Straßenverkehrsregeln. Neue, bis dahin unbekannte Situationen speichert die Limited Memory KI ab und weiß in der nächsten ähnlichen Situation, wie sie reagieren muss. Typ 2 lernt also aus vergangenen Ereignissen. KI des Typ 2 sind heute die gängigste Form von KI. Auch er begegnet Ihnen täglich z.B. in Form Ihres persönlichen Smartphone-Assistenten, in der Google-Suche oder Ihrem Instagram-Feed.

Typ 3: Theorie des Geistes
(Theory of Mind)

Anders als die vorhergehenden Formen gehören Theory of Mind KI zur starken künstlichen Intelligenz und existieren bisher nur in der Theorie. KIM (Künstliche Intelligente Maschinen), die den Typ 3 KI erreichen, werden menschliche Emotionen wahrnehmen, verstehen und ihr Verhalten an sie anpassen können. Zudem werden sie ein Gedächtnis haben und ihr Bild von der Welt basierend auf Gelerntem erweitern können. Diese Art von KI stellt bisher noch eine große Herausforderung für die Wissenschaft dar, weil Emotionen und zwischenmenschliche Interaktionen höchst komplex und technisch schwer nachzubilden sind.

Typ 4: Selbstwahrnehmung
(Self Awareness)

Der vierte Typ KI kommt dem menschlichen Bewusstsein am nächsten: Solche KIM werden die Welt vollständig wahrnehmen, sie werden menschliche Emotionen, Absichten und Reaktionen nachvollziehen und danach handeln können. Self Awareness KI wird zudem den entscheidenden Schritt von „Ich denke” zu „Ich weiß, dass ich denke” gehen und dadurch an die menschliche Intelligenz heranreichen – vielleicht wird sie sie sogar übersteigen.

In Europa: Regeln für Künstliche Intelligenz

Wie soll Europa mit Künstlicher Intelligenz umgehen? Das EU-Parlament hat sich mittlerweile auf einen ersten Entwurf geeinigt. Abgeordnete des EU-Parlaments haben eine Einigung über einen Entwurf für die weltweit erste umfangreiche Regulierung der Künstlichen Intelligenz (KI) erzielt. Die Verhandlungsführer des Binnenmarkt- und Innenausschusses stimmten dafür, den Artificial Intelligence Act an die nächste Verfahrensstufe weiterzuleiten. Einzelheiten werden zusammen mit den Mitgliedsstaaten ausgearbeitet werden müssen. „Gegen konservative Überwachungswünsche und linke Überregulierungsfantasien konnte ein solider Kompromiss im Parlament gefunden werden, der KI verhältnismäßig regulieren, Bürgerrechte schützen sowie Innovation und Wirtschaft beflügeln würde", erklärte die Abgeordnete Svenja Hahn (FDP).

Die Vorschläge sehen vor, dass KI-Systeme nach ihrem Risikoniveau eingestuft werden, von minimal über begrenzt und hoch bis inakzeptabel. Systeme mit hohem Risiko würden zwar nicht verboten. Bei ihrem Einsatz wäre jedoch ein hohes Maß an Transparenz vorgeschrieben. Bei generativer KI müsste offenlegt werden, ob urheberrechtlich geschütztes Material bei der Entwicklung verwendet wurde. Nach der Einigung des Parlaments sollen die Europäische Kommission, die Mitgliedstaaten und die Europaabgeordneten zusammen einen endgültigen Gesetzentwurf erarbeiten. Ziel ist es, das Gesetz noch vor dem Ende der laufenden Legislaturperiode des Europäischen Parlaments im Jahr 2024 zu verabschieden.

Auch der Digitalminister der Bundesregierung, Volker Wissing (FDP), will sich für „Leitplanken“ bei KI einsetzen. „Wir sollten dieser Schlüsseltechnologie nicht mit Verboten begegnen, sondern die darin steckenden Chancen ergreifen und Potenziale nutzen. Ich setze mich innerhalb der G7 für gemeinsame Transparenz- und Kennzeichnungsregeln ein. Die Zeit drängt. Wir dürfen dieses Zukunftsfeld nicht autokratischen Systemen überlassen, sondern müssen als Demokratien vorangehen und uns international für unsere Standards einsetzen“.

Die rasante Verbreitung generativer Systeme wie ChatGPT oder Midjourney hat in Politik und Wirtschaft hohe Wellen geschlagen. Sorgen bestehen wegen falscher Antworten und des Datenschutzes. Auch Chinas geplante Vorgaben für eine ideologische Ausrichtung seiner KI-Systeme haben im Westen die Rufe nach einer Regulierung verstärkt.

Zukunft von KI und Mensch

Beim Thema KI stellen sich viele Leute berechtigte Fragen: „Wie weit wird sich KI noch entwickeln?”, „Kann sie uns irgendwann überholen?”, „Welche Auswirkungen werden die Entwicklungen auf Arbeitsplätze haben?”.

Dass KI die Menschen in einigen Dingen schon überflügelt, ist nichts Neues. Besonders in strategischen und mathematischen Bereichen ist sie weitaus stärker und schneller als der Mensch. Trotzdem ist sie uns in den meisten Bereichen noch weit unterlegen. Ihr größtes „Problem“ ist der Aspekt „Bewusstsein”, denn für dieses existiert kein Modell zur Implementierung, geschweige denn Evolution. Zwar befindet sich dieses Vorhaben in der Entwicklung, jedoch bisher ohne nennenswerte Erfolge. Somit wird KI noch für längere Zeit nicht in der Lage sein, banale Alltagssituationen zu bewältigen, die für einen Menschen instinktiv und selbstverständlich sind. Aber in nahezu allen Lebensbereichen, von der Fahrt zur Arbeit, in der Medizin und auch in der Pflege, birgt Künstliche Intelligenz das Potenzial, unseren Alltag zu vereinfachen und effizienter zu gestalten.

Dennoch gibt es seit Langem die Angst um Arbeitsplätze, viele Menschen befürchten, dass sie durch KI ersetzt werden könnten. Jedoch kann man diesbezüglich erst einmal Entwarnung geben. Denn in naher Zukunft werden sich die Einsatzgebiete auf spezielle Aufgaben konzentrieren, ganze Berufe werden nicht ersetzt. Zudem werden auch neue Arbeitsplätze entstehen, vor allem wenn es um die Überwachung der KI geht. Man muss insgesamt aber auch sagen, dass das Thema noch sehr hypothetisch behandelt wird, niemand kann genaue Vorhersagen treffen. Letztendlich gilt aber wie in vielen anderen Bereichen auch hier: KI ist, was wir daraus machen und vor allem zulassen! Übrigens: Dieser Text wurde recherchiert und geschrieben von einem Menschen ...  Manfred Gerz | Fotos: phonlamaiphoto/AdobeStock


Geschichtliche Entwicklung von KI

• 1950: Erste Schritte in der Umsetzung von KI: Auf Basis von elektrischen Schaltungen werden erste Algorithmen als Grundlage für KI entwickelt.

• 1960: Mit dem Aufkommen von Transistoren und Computern entstehen erste Ansätze, eine KI zu programmieren.

• 1970: Die Idee entwickelt sich schnell zu einem Hype, der allerdings kurze Zeit später in Ernüchterung umschlägt, da die erhofften Ergebnisse ausbleiben. Fördergelder für KI-Forschung werden gestrichen.

• 1980/90: Das Thema Machine Learning (Maschinelles Lernen) als Unterkategorie von KI bekommt neue Aufmerksamkeit in der Forschung.

• 1997: KI erlangt mit dem Aufkommen von intelligenten Spielcomputern (IBM Deep Blue) Medienpräsenz.

• 2010: KI erlebt eine Renaissance – die Technologie ist endlich so weit fortgeschritten, dass notwendige Daten in ausreichendem Maße zur Verfügung gestellt und verarbeitet werden können.

• 2013: Das Startup DeepMind baut eine neue KI, die selbst lernt, Atari-Spiele zu spielen.

• 2015: Ein Deep Neural Network von Microsoft Research erreicht bei der Bilderkennung dieselben Fehlerraten wie ein Mensch.

• 2016: Google DeepMind entwickelt das Computerprogramm AlphaGo – eine KI, die den Go-Weltmeister schlägt.

• 2022: OpenAI sorgt mit dem intelligenten Sprachmodell ChatGPT (z.B. Texterstellung) für weltweites Aufsehen.