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Immer noch selten

Frauen in Führungspositionen

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Nicht nur in den Vorständen, auch im mittleren und höheren Management ist der Frauenanteil relativ gering. Für die 108 großen, börsennotierten Unternehmen gibt es immerhin eine Quote, nach der 30 Prozent der Aufsichtsräte mit Frauen besetzt werden müssen.

Im europäischen Vergleich liegt Deutschland mit 28 Prozent Frauenanteil in der mittleren und höheren Führungsetage im unteren Drittel. Noch weiter hinten liegen Italien und Luxemburg. Besonders gut schneiden Lettland mit 44 Prozent, Slowenien mit rund 42 Prozent und Schweden mit 40 Prozent ab (Quelle: Internationale Arbeitsorganisation aus dem Jahr 2017). In den Reihen der Vorstände sieht es noch schlechter aus: Am 1. Januar 2019 arbeiteten insgesamt 61 Managerinnen (elf mehr als im Vorjahr) in den Vorständen der 160 Dax-, MDax- und SDax-Konzerne. Die Zahl der Manager liegt dagegen bei 650 (Quelle:  Auswertung des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY).

Es gibt konkrete Gründe, warum Frauen in den Führungsetagen so rar sind: Es herrscht in Deutschland eine durch Männer geprägte Unternehmenskultur. Führungskräfte tendieren dazu, als Nachfolger ähnliche Kandidaten wie sie selbst zu bevorzugen. Auf eine männliche Führungskraft folgt daher seltener eine weibliche. Dazu kommt, dass Führungspositionen mit als typisch männlich geltenden Eigenschaften wie dominant, selbstbewusst, autoritär in Verbindung gebracht werden. Da diese Charaktereigenschaften häufig Männern zugeschrieben werden, hat es eine Managerin schwerer, ernstgenommen zu werden.

Zusätzlich ist die Vereinbarung von Familie und Beruf noch immer schwierig. Wenige Betreuungsangebote sowie die traditionelle Rollenverteilung, nach der Frauen sich um Kinder, Männer um ihre Karriere kümmern, stellen für viele Frauen eine große Hürde dar. Die meisten Arbeitnehmer steigen zwischen dem 30. und 35. Lebensjahr in eine Führungsposition auf, hier sind Frauen ebenfalls benachteiligt. In dieser Zeit sind sie aufgrund von Geburt und Kinderbetreuung oft nicht vollständig ins Arbeitsleben integriert.

All diese Gründe sind bekannt. Wie kann ein Unternehmen dennoch die Anzahl der Frauen in Führungspositionen erhöhen? An qualifizierten Bewerberinnen liegt es nicht. Der Anteil der Frauen mit Hochschulabschluss liegt laut statistischem Bundesamt mit 52,9 Prozent über dem Anteil der Männer. Wirtschaftsphilosophen wie Anders Indset halten Frauen zudem „aufgrund ihrer Hirnstruktur“ für die Führungspositionen des 21. Jahrhunderts absolut geeignet. Damit gemeint sind Bereiche wie künstliche Intelligenz. Mit den dafür geforderten Eigenschaften wie Empathie, Teamorientierung und Selbstbeherrschung können Frauen oft punkten. Eine Führungskraft kann eben auch erfolgreich sein, wenn sie anstatt autoritär und dominant lieber teamorientiert und demokratisch führt. Dafür gibt es wissenschaftliche Belege.

Für Unternehmen hat es viele Vorteile, Frauen in Führungspositionen anzustellen, da sich der Pool der Bewerber vergrößert und eine offene und diverse Unternehmenskultur sich positiv auf das Unternehmens-Image und damit den Erfolg auswirkt.

Das Manager Magazin kürt jährlich erfolgreiche Frauen in der Führungsebene. Sie werden explizit ausgezeichnet, weil sie eben Seltenheitsstatus haben. Im Jahr 2018 zum Beispiel Saori Dubourg. Sie ist Vorständin für Pflanzenschutz und Bauchemie bei der BASF - ein Bereich mit acht Milliarden Umsatz und 70.000 Mitarbeitern. 2017 wählte das Magazin Melanie Kreis zur erfolgreichsten Frau in der Wirtschaft. Sie ist seit 2014 die einzige Frau im Konzernvorstand der Deutschen Post AG. Ihr Verantwortungsbereich ist das Finanzressort des weltgrößten Logistikkonzerns. Weitere Frauen in der Liste sind Sabine Bendiek, Deutschland-Chefin von Microsoft, Dorothee Blessing, Deutschland-Chefin von J.P. Morgan, Birgit Bohle, Vorstandsvorsitzende des Bereichs Fernverkehr der Deutschen Bahn sowie Milagros Caiña Carreiro-Andree, Personalvorständin von BMW.

Weniger bekannt sind diese Namen. Sie gehören zu den wenigen mutigen Frauen, die in Deutschland ein Unternehmen gegründet  und mit ihren jeweiligen Konzepten überzeugt haben. Julia Bösch ist Geschäftsführerin und eine der beiden Gründerinnen des Mode-Unternehmens Outfittery. Das Konzept: Nach einer telefonischen Stil-Beratung schickt Outfittery den männlichen Kunden ihr individuelles Kleidungspaket nach Hause. Julia Bösch und Anna Alex schafften es seit der Gründung 2012 auf Investitionsgelder im zweistelligen Millionenbereich. Heute ist Outfittery der größte Personal-Shopping-Service für Männer in Europa.

Delia Fischer von Westwing gründete 2011 zusammen mit Stefan Smalla das Unternehmen Westwing. Als Interieur-Redakteurin bei Elle hatte Fischer die Nische des Online-Shoppings im Bereich Wohn-Accessoires bemerkt. Der Westwing Shopping-Club bietet Möbel und Deko-Artikel im Rahmen von limitierten Verkaufsaktionen günstiger an. Bis heute steigt der Umsatz von Westwing stetig, zuletzt im dritten Quartal 2018 auf 302 Millionen Euro, eine Steigerung um 40 Prozent gegenüber 2017.

Sibilla Kawala ist die Gründerin des Onlineshops Limberry, der auf traditionelle Trachtenmode wie Dirndl und Lederhosen spezialisiert ist. Kawala gehörte zu den Kandidatinnen der dritten Staffel von „Die Höhle der Löwen“ und hatte auf eine Unterstützung von 150.000 Euro gehofft. Judith Williams und Carsten Maschmeyer boten ihr insgesamt 250.000 Euro, wenn sie zusammen mit 20 Prozent am Unternehmen beteiligt würden.

 

Melanie Stein gründete 2016 das Naturkosmetik-Unternehmen U are OK. Die Produkte kommen ohne künstliche Inhaltsstoffe aus, sind vegan und in Deutschland hergestellt. Erhältlich sind sie in einem Onlineshop sowie bei einigen stationären Partnern.

2014 gründeten Milena Glimbovski und Sara Wolf den Supermarkt Original Unverpackt. Das Konzept des Ladens ist, keinen Müll zu produzieren. Das Start-up finanzierte sich über eine Crowdfunding-Kampagne. Mitgründerin Milena Glimbovski wurde 2018 als „Unternehmerin des Jahres 2018/2019“ ausgezeichnet. Sie habe unter anderem Pionierarbeit zum Thema Müllvermeidung geleistet. Heute gibt es bundesweit rund 80 ähnliche Läden nach dem Vorbild von Original Unverpackt.

Verena Pausder (geb. Delius) gründete 2013 das Start-up für die Kinder-Apps Fox & Sheep. Das Unternehmen schaffte es zum Marktführer in Deutschland und in die internationalen Top Ten. 2015 wurde Fox & Sheep für einen angeblich zweistelligen Millionenbetrag an den Spielzeughersteller Haba verkauft. Ende 2014 gründeten Jennifer Meister und Katja Manger Coachimo. Die Online-Plattform für vermittelt Coaches und an Weiterbildung interessierte Menschen. Neben Business Coaching spielen bei den Coachings auch persönliche Weiterbildung und IT eine Rolle. Zudem gibt es inzwischen einen Bereich für die Vernetzung von Coworking Spaces.

Anike von Gagern und Kathrin Weiß, beide ehemalige McKinsey-Beraterinnen und langjährige Freundinnen, gründeten 2010 das Start-up Tausendkind - ein Online-Shop für Babykleidung. Das Unternehmen wuchs auf über 50 Mitarbeiter und erhielt von Investoren mehrere Millionen Euro. Gesellschafter sind unter anderem Gruner + Jahr und Capnamic Ventures.  

Text: Gudrun Katharina Heurich, Quelle: Gofeminin Fotos: Werner Heiber auf Pixabay, Igor Link auf Pixabay, Gerd Altmann auf Pixabay, Melanie Stein: abendblatt.de, Jennifer Meister und Katja Manger: unitednetworker.com, Delia Fischer: munich-startup.de